Manfred Rasel wollte im Alter gut abgesichert sein. Zwanzig Jahre hat er dafür gespart. Letztlich wohl umsonst. Manfred Rasel, Anleger: „Ganz, ganz viel Wut.
Grenzenlose Enttäuschung. Ich habe ja nicht nur den Verlust meines gesamten Geldes, meiner Ersparnisse, das wirkt ja um 20, 30 Jahre noch weiter, weil im Grunde die Rente mangelt.“ Der 55-Jährige hat einen sechsstelligen Betrag in Falk-Immobilienfonds angelegt. So wie rund 25.000 andere Anleger auch. Falk galt über Jahrzehnte als Top-Adresse. In der Fachpresse und von Rating-Agenturen gab es Bestnoten. Manfred Rasel: „Ich habe darauf vertraut und natürlich letztendlich auch meine Entscheidung begründet.“ Was die Blätter nicht geschrieben haben: Firmengründer Helmut Falk spielte den Anlegern eine heile Welt vor, die es so nicht gab. Spätestens 2002 war das Unternehmen in der Krise. Im Januar 2005 dann die Pleite. Hunderte Millionen Anlegergeld sind verloren. In wenigen Wochen erhebt die Staatsanwaltschaft Anklage wegen Betrugs. Warum aber war von der Schieflage in Fachblättern nie die Rede? Millionen Anleger vertrauen auf deren Sachverstand, erhoffen sich unabhängige Einschätzungen.
„Ich bin im Hauptberuf nicht Journalist“
Beispiel „Immobilienbrief“: Im reichweitenstärksten Medium der Branche erschienen zahllose Jubelartikel über Falk. Von der Schieflage wusste der Herausgeber angeblich nichts. Werner Rohmert, Herausgeber „Der Immobilienbrief“: „Ich bin bis zum Schluss davon ausgegangen, dass das Unternehmen gesund ist. Richtig.“ Erstaunlich, denn nach unseren Recherchen bekam Rohmert, der auch für das renommierte Finanzblatt „Platow-Brief” schreibt, als Berater von Falk rund 3.500 Euro monatlich bis 2005. In dieser uns zugespielten Mail kündigte er Falk-Geschäftsführer Engels an, PR-Artikel im „Handelsblatt“ und natürlich seinem „Immobilienbrief“ zu platzieren. Wie aber lässt sich das mit seiner Rolle als Wirtschaftsjournalist vereinbaren? Werner Rohmert: „Ich bin im Hauptberuf nicht Journalist.“ Reporter: „Das heißt, die Beratertätigkeit hätte im Zweifel dann auch Vorrang?“ Werner Rohmert: „Unter Verschwiegenheitsgesichtpunkten hätte eine Beratertätigkeit immer Vorrang.“ Reporter: „Wenn Sie früher von der Schieflage erfahren hätten, hätten Sie darüber geschrieben?“ Werner Rohmert: „Nein.“ Die Leser seiner Blätter hätten also so oder so nie von den Problemen bei Falk erfahren. Und von seinen Geschäftsverbindungen zu Falk bis Januar 2005, natürlich auch nicht. Reporter: „Tut es Ihnen, aus heutiger Sicht, Leid, dass das nicht öffentlicher, transparenter gemacht wurde gegenüber Anlegern?“ Werner Rohmert: „Nein.“
Schon 2001 Hinweise auf Probleme
Beispiel „Direkter Anlegerschutz“: Schon im Dezember 2001 kritisierte das Blatt massiv einen Falk-Fonds. Es gab also durchaus schon damals Hinweise auf Probleme. So ist von unrichtigen Werbeaussagen die Rede, Bonitätsproblematik, ja möglicher Insolvenz. Es gibt ein Negativ-Rating. Der bekannte Herausgeber des Blatts, Heinz Gerlach, also ein unerschrockener Anlegerschützer? Heinz Gerlach, Herausgeber „Direkter Anlegerschutz”: „Also, Anlegerschutz ist mein Engagement, mein berufliches Engagement, das mir am Herzen liegt. Und damit kann man auch vernünftiges Geld verdienen.“ Ein Ex-Manager von Falk schildert aus seiner Sicht, was hinter den Kulissen ablief. Gerlachs Kritik sei im Unternehmen damals, wie eine Bombe eingeschlagen. Anonymer Ex-Manager: „Einer der Geschäftsführer, Thomas Engels, ist dann mit sehr umfangreichen Unterlagen zu Herrn Gerlach gefahren, in der Hoffnung, ihm die offenen Fragen beantworten zu können. Das war nicht erfolgreich, er ist da wohl ziemlich abgeblitzt. Dann zurück in München, wurde eine Besprechung durchgeführt und man war sich einig, dass Herr Gerlach wohl in irgendeiner Weise Geld verdienen sollte, in der Hoffnung, dann ein anderes Urteil zu bekommen.“
Noch mehr Widersprüche
Nachfrage bei Gerlach. Hat der „selbsternannte“ älteste Anlegerschützer Deutschlands mit Falk einen Beratungsvertrag gemacht? Heinz Gerlach: „Also, es gibt keine Dokumente, wo nur Beratervertrag darüber steht. Wir machen ganz konkrete Aufgabe. Das ist Leistungsbilanzberatung und das ist Prospektberatung. Etwas anderes machen wir nicht. Wir machen keine klassische Unternehmensberatung.“ Doch uns liegt ein eben solcher Unternehmensberatungsvertrag exklusiv vor. Vom Januar 2002. Wenige Wochen nach Gerlachs Kritik. Der Clou: Geld wäre sogar ohne jede Leistung Gerlachs geflossen. Er bestreitet das. Reporter: „Die Beratung hätte nicht leistungsunabhängig funktionieren können?“ Heinz Gerlach: „Nein.“ Doch im Vertrag heißt es: „Wenn Falk + Partner (…) Leistungen nicht abruft, hat dies keinen Einfluss auf die Honorierung.“ 12.500 Euro fließen so monatlich. Und es gibt noch mehr Widersprüche. Reporter: „Geht es bei diesen Beratungen auch beispielsweise um die Vermarktung von Fonds?“ Heinz Gerlach: „Nein, überhaupt nicht.“ Wieder steht im Vertrag etwas anderes. Danach beauftragt Falk Gerlach sehr wohl auch mit der „zielgruppengeeigneten Vermarktung“ von Fonds. Wenig später gibt es nach angeblich neuen Informationen für genau denselben Fonds das Positiv-Rating.
„Grenzenlose Abscheu“
Anonymer Ex-Manager: „Dieses komplette Umschwenken der Berichterstattung ist schon höchst seltsam, denn wenn es um Informationen so was gegangen ist, die hat er vorher schon übermittelt bekommen.“ 2003 der gleiche Ablauf. Kritik. Ein neuer Beratungsvertrag. Korrekturen. Positiv-Rating. Gerlach bestreitet, je käuflich gewesen zu sein. Nur zu dumm, wenn Tausende Anleger auf die Unabhängigkeit der Experten und Anlegerschützer vertraut haben und heute vor dem Ruin stehen. Manfred Rasel empfindet jedenfalls nur noch eines, wenn er an die Herren denkt. Manfred Rasel: „Das ist grenzenlose Abscheu, natürlich. Und das muss man auch verfolgen, denn die haben ja nun Tausende von Menschen ins Elend gestürzt.“
Quelle: Mit freundlicher Genehmigung
Wikipedia/NDR-Fernsehen