Hiermit nehmen wir zu den maßgeblichen im Diskussionsentwurf vorgesehenen Gesetzesänderungen und Ergänzungen Stellung:
I. Neuregelungen im teilregulierten (so genannten Grauen) Kapitalmarkt
Der VOTUM Verband begrüßt ausdrücklich die Initiative zur Verbesserung des
Verbraucherschutzes bei der Vermittlung von unternehmerischen Beteiligungen / Geschlossenen Fonds des teilregulierten Kapitalmarktes. Die Schaffung von verbindlichen Berufszugangs- und Berufsausübungsregelungen für die Vermittlung und Beratung bei derartigen Anlagen wird seit langem von unserem Verband gefordert. Der nunmehr durch den Diskussionsvorschlag beschrittene Regulierungsweg ist jedoch bereits
im grundsätzlichen Ansatz falsch und ungeeignet, das angestrebte Ziel, eine Verbesserung des Verbraucherschutzes, zu erreichen. Er richtet sich zudem aggressiv gegen die Berufsgruppe der selbständigen Dienstleister und ist damit mittelstandsfeindlich.
1. Ungeeignete Erweiterung des Begriffs der Finanzinstrumente
Der maßgebliche Fehler des Gesetzesentwurfs ist die Qualifizierung von Anteilen an
Vermögensanlagen, für die eine Prospektpflicht nach § 8 f des Verkaufsprospektgesetzes
besteht (Geschlossene Fonds), als Finanzinstrument. Durch diese gesetzgeberische Maßnahme wird der für den Verbraucherschutz notwendige Wettbewerb zwischen
Finanzdienstleistungsinstituten und freien Beratern abgeschafft. Dem freien Berater ist hierdurch die Vermittlung von Geschlossenen Fonds nicht mehr möglich. Von dem bisherigen durchschnittlichen Anlagevolumen in Geschlossenen Fonds, welches ca. 8 Milliarden Euro pro Jahr beträgt, wurde bisher mind. 1/3 von selbständigen Beratern vermittelt, die über eine Gewerbeerlaubnis nach § 34 c GewO verfügen. Es handelt sich hierbei nach Erhebung unseres Verbandes um eine Persongruppe von ca. 75.000 Erlaubnisinhabern, die auf der Grundlage des aktuellen Diskussionsvorschlages gezwungen sind, ihre selbstständige Tätigkeit aufzugeben oder als gebundener Agent eines Finanzdienstleistungsinstituts tätig zu werden. Die Möglichkeit, selbst eine Lizenz als Finanzdienstleistungsinstitut zu erwerben, ist dieser Persongruppe tatsächlich nicht gegeben, da bekannter weise bereits die organisatorischen Anforderungen an das Betreiben eines Finanzdienstleistungsinstitut von einer Einzelperson nicht erbracht werden könne. Die geplante Gesetzgebung entzieht daher dieser Personengruppe, die bisher legal auf der Basis einer Gewerbeerlaubnis tätig war, quasi über Nacht ihre Geschäftsgrundlage. Das führt dazu, dass den Finanzdienstleistungsinstituten zukünftig kein Wettbewerber im Markt gegenüber steht. Durch den Diskussionsvorschlag wird daher das Gegenteil dessen erreicht, was eigentlich angestrebt wird. Anstatt das zum Teil erfolgte Fehlverhalten der Institute bei der Vermittlung von geschlossenen Fonds zu bekämpfen, wird die Markmacht der Institute gestärkt, in dem man ihren einzigen Wettbewerber – den freien Berater – abschafft.
Es ist zutreffend, dass insbesondere im Bereich der Finanzdienstleistungsinstitute Beratungsmängel festzustellen waren, da hier das Absatzinteresse der Institute bei der Vermittlung von Geschlossenen Fonds im Vordergrund stand und nicht die kundengerechte Beratung, was zu Interessenkonflikten geführt hat. Überlässt man die Vermittlung von Geschlossenen Fonds nunmehr zukünftig ausschließlich
Finanzdienstleistungsinstituten, wird diese Situation nicht zu Gunsten der Verbraucher
verbessert, sondern verschärft, da die Institute nunmehr die Möglichkeit hätten, als alleiniger Vermittlungsweg im Markt die Konditionen ihrerseits zu diktieren. Diese Konsequenz kontraindiziert den eingeschlagenen Regelungsweg. Verbraucherschutz braucht Wettbewerb. Maßgebliche Voraussetzung für die Stärkung der
Position des Verbrauchers ist die Beibehaltung des Wettbewerbs zwischen den verschiedenen Anbietern von Kapitalanlagevermittlung, insbesondere zwischen den
Finanzdienstleistungsinstituten und den von ihnen unabhängigen freien Beratern. Der auf die Banken ausgeübte Wettbewerbsdruck durch die unabhängigen Berater hat im System der Bankberatung bereits in der Vergangenheit zu einer Verbesserung der Situation der Verbraucher geführt und die Finanzdienstleistungsinstitute insbesondere dazu veranlasst, ihren Kunden bei Investmentfondsanlage nicht mehr nur ausschließlich die Anlageprodukte des eigenen Hauses anzubieten, sondern eine Marktöffnung vorzunehmen. Dem Ziel der Stärkung des Verbraucherschutzes würde man daher zuwiderhandeln, wenn man bei der anstehenden Regulierung die Position der freien Berater in diesem konstruktiven Wettbewerb schwächt und sie zwingt, ihre Selbstständigkeit aufzugeben. Die Finanzberatung durch unabhängige Berater benötigt weiterhin das auch durch die Gewerbeordnung abgesicherte Leistungsspektrum der Vermittlung von Versicherungen, Investmentfonds, Immobilien, unternehmerischen Beteiligungen und Krediten, um dem beratenden Kunden eine Alternative zur
Beratung durch Finanzdienstleitungsinstitute anbieten zu können.
Es muss in diesem Zusammenhang daran erinnert werden, dass die Finanzmarktkrise ihren
Ursprung im regulierten Sektor der Finanzdienstleistungsinstitute hatte, in dem sich die
systematische Falschberatung von Verbrauchern, insbesondere im Bereich der sprunghaft
gestiegenen Vermittlung von Zertifikaten, im Wege des Execution only Geschäftes zeigte. Die freien Berater haben ihrerseits weder einen Beitrag zum Ausbruch noch zur Verstärkung der Finanzmarktkrise geleistet. Sie haben vielmehr im persönlichen Kontakt zu ihren Kunden und durch verantwortliches Handeln dazu beigetragen, dass diese in der Krise nicht in Panik verfallen und so zur Stabilität beigetragen.
Es ist vor diesem Hintergrund unverständlich, dass die nunmehr angestrebte gesetzliche
Regulierung, die zunächst lediglich eine Verbesserung der Beratungsleistung von
Finanzdienstleistungsinstituten bewirken soll, in den grundrechtlich geschützten Berufsbereich der freien Berater viel intensiver eingreift, als in den Bereich der Finanzdienstleistungsinstitute.
Eine erste unabhängige Begutachtung des vorliegenden Diskussionsentwurfs im Hinblick auf seine Verfassungsmäßigkeit ist hier zu dem Ergebnis gelangt, dass auf Grund der
Unverhältnismäßigkeit des Eingriffs in das grundgesetzlich geschützte Recht auf Berufsfreiheit des freien Beraters, der Regelungsvorschlag verfassungsrechtlichen Grundsätzen widerspricht. Sowohl die Kriterien der Erforderlichkeit als auch der Angemessenheit sind hier verletzt, da die Qualifikation von Geschlossenen Fonds als Finanzinstrumente für den bisher selbstständig tätigen einzelnen Berater zu einem faktischen Berufsverbot führt.
Der Diskussionsvorschlag löst sich hier unverständlicher Weise von den Vorgaben des
Koalitionsvertrages, welcher für den bisher nicht regulierten Bereich der Anlagevermittlung eine Orientierung an dem Versicherungsvermittlergesetz vorsah. Maßgebliches Verbraucherschützendes Element des Versicherungsvermittlergesetzes ist insbesondere die Verantwortung des einzelnen Vermittlers, der für seine Beratungsleistung gegenüber dem Versicherungsnehmer die persönliche Haftung trägt. Von diesem Erfolgsprinzip, der für den Kunden transparenten Einzelverantwortung, löst sich der Diskussionsvorschlag, in dem er den Zwang zu einer Tätigkeit als gebundener Agent eines Finanzdienstleistungsinstituts herbeiführt. Gerade das im Bereich der Versicherungsvermittlung für Makler und Mehrfachagenten umgesetzte Prinzip der persönlichen Verantwortung und Haftung des Einzelnen stellt jedoch einen maßgeblichen Baustein des Verbraucherschutzes dar. Das Risiko der persönlichen Inanspruchnahme führt auch im Bereich der Finanzberatung zu einer Straffung der eigenen
Sorgfalt und der Einhaltung der Gebote der anlegergerechten Beratung durch den einzelnen Berater, weil er insbesondere nicht die Möglichkeit hat, sich hinter der anonymen Fassade einer Bank zu verstecken. Das legitime Ziel, dass bei der Vermittlung von Geschlossenen Fonds zukünftig auch die im WpHG normierten Verhalts- und Organisationspflichten beachtet werden, kann dadurch erreicht werden, dass diese Pflichten entsprechend im Verkaufsprospektgesetz eingearbeitet werden oder dort ein Verweis auf die Einhaltung der entsprechenden Pflichten des WpHG erfolgt. Dies
hätte zum Vorteil, dass unternehmerische Beteiligungen nicht systemwidrig als
Finanzinstrumente eingestuft werden und zum anderen, dass diese Vertriebsregeln für alle Marktteilnehmer einheitlich gelten, also nicht nur für Finanzdienstleistungsinstitute, sondern auch für freie Berater. Dem Verbraucherschutz wird dabei durch Erhalt des Wettbewerbs der unterschiedlichen Anbieter von Beratern unter einem gleichwertigen Qualitätsniveau der Beratung deutlich besser gedient, als durch den nunmehr vorgelegten Diskussionsvorschlag.
Sofern der Gesetzgeber für die Finanzdienstleistungsinstitute eine direkte Regelung im WpHG bevorzugt, sollte erwogen werden, die Finanzdienstleistungsinstitute zu verpflichten, bei der Vermittlung jeder Art von Kapitalanlage, unabhängig ob Finanzinstrument, geschlossener Fonds, Edelmetalle oder Anlageimmobilie, die Beratungs- und Dokumentationspflichten des WpHG einzuhalten. Dies würde auch der Falschberatung bei der Vermittlung so genannter „Schrottimmobilien“ und der dazugehörigen Kredite Rechnung tragen und dieser wirksam begegnen.
Für die freien Berater fordern wir eine Regulierung im Gewerberecht, wie es bei der
Versicherungsvermittlung bereits erfolgt ist. Wir haben hier dem zuständigen
Wirtschaftsministerium konkrete Vorschläge unterbereitet, die in Teilbereichen auch über das im Diskussionsvorschlag vorgesehene Beraterregister hinausgehen.
Für die selbständigen Berater sollte ein eigenes, von den IHK geführtes Register, mit
Zugangsvorrausetzungen sowohl hinsichtlich der persönlichen Zuverlässigkeit als auch der Qualifikation und des Nachweise einer eigenen Berufshaftpflichtversicherung geschaffen werden. Die Berufsqualifikation ist dabei durch den Nachweis geeigneter Abschlüsse oder aber durcheine vor der IHK abzulegende Prüfung zu erbringen – wie bei der Versicherungsvermittlung.
Der im Diskussionsvorschlag vorgesehene Weg, die angestellten Berater und gebundenen
Agenten von Finanzdienstleistungsinstituten lediglich durch so genannte In-House Schulungen zuqualifizieren, wird von uns abgelehnt. Die BaFin ist bereits personell nicht in der Lage, eine Qualifikationskontrolle wirksam durchzuführen. Bei den Berufausübungsregeln für freie Berater kann eine Orientierung an den Beratungs- und
Dokumentationspflichten des WpHG erfolgen. Die Mitgliedsunternehmen unseres Verbandes haben sich bereits vor Jahren im Wege der freiwilligen Selbstverpflichtung zu einer deutlich weitergehenden Kundenbefragung verpflichtet. Es wird hierbei die gesamte persönliche Situation des Kunden, seines Haushalts und der von ihm bereits abgeschlossenen Anlage- und Versicherungsverträge erfasst. Im Interesse des Verbrauchers muss dieser Weg der Beratung auch für geschlossene Fonds
offen gehalten werden. Abschließend ist darauf hinzuweisen, dass bei der Umsetzung der MiFID durch das Finanzmarktrichtlinienumsetzungsgesetz im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens ausdrücklich festgestellt worden, dass Anteile an Personengesellschaften, wie sie Geschlossene Fonds darstellen, weder unter dem Wertpapierbegriff noch unter den Begriff der Finanzinstrumente erfasst werden können, da es einer Vergleichbarkeit und einer Standardisierung mangelt und insbesondere die eingeschränkte Handelbarkeit und die Stellungnahme zum Diskussionsentwurf des „Gesetz zur Stärkung des Anlegerschutzes und Verbesserung der Funktionsfähigkeit des Kapitalmarktes“ gesellschaftsrechtlichen Vorschriften beim Eigentumswechsel einer solchen Qualifizierung entgegenstehen. Es ist nicht erkennbar, dass diese weiterhin vorhandenen zutreffenden Gründe durch neue Erkenntnisse widerlegt worden.
2. Einführung einer Kohärenzprüfung für Geschlossene Fonds Der VOTUM Verband begrüßt ausdrücklich die Forderung nach einer verbesserten, qualitativen
Prüfung von Geschlossenen Fonds. Die bisherige reine Vollständigkeitskontrolle durch die
Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht hat bereits zu einer Verbesserung geführt, ist jedoch noch nicht ausreichend im Sinne eines wirksamen Verbraucherschutzes.
Anstatt jedoch im Rahmen der Überprüfung durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht weitere Verpflichtungen auf die Aufsicht zu übertragen, die auch zu einer staatlichen Haftung führen können, wird durch unseren Verband die gesetzliche Regelung einer verbindlichen Prospektprüfung auf der Basis der Vorgaben des Instituts der Wirtschaftsprüfer (IDW S 4) favorisiert, da damit eine marktwirtschaftliche Lösung beschritten wird, die bereits heute bei Qualitätsanbietern Standard ist. Für diese Form der erweiterten Prüfung bestehen bereits Erfahrungen in Österreich, die als eindeutig positiv bewertet werden können und dem Ausbau von Behördenkapazitäten ausdrücklich vorzuziehen ist.
3. Abschaffung der kurzen Verjährungsregelung des § 46 Börsengesetz nicht ausreichend
Unser Verband begrüßt ausdrücklich die vorgesehene Abschaffung der verbraucherfeindlichen, kenntnisunabhängigen Verjährungsfrist. Diese Maßnahme muss jedoch ergänzt werden um die Abschaffung der Ausschlussfrist des § 44 Börsengesetz i. V. m. § 13 Verkaufsgesetzgesetz. Auch diese Regelungen führen derzeit zu untragbaren verbraucherfeindlichen Ergebnissen. Gemäß diesen Vorschriften setzt die gesetzliche Prospekthaftung unter anderem voraus, dass der Anleger die Vermögensanlage binnen sechs Monaten nach erstmaliger Veröffentlichung des Verkaufsprospektgesetzes erworben haben muss. Bei einer Vielzahl von durch die BaFin genehmigten Projekten dauern die Platzierungszeiten gegenüber den Anlegern jedoch deutlich länger als sechs Monate. Bereits in der Konstruktion genehmigter Beteiligungsprojekte sind
Platzierungszeiten von mehr als zwei Jahren vorgesehen. Die Platzierung erfolgt auf Basis des einmal genehmigten Verkaufsprospektes. Es kann daher nicht das vom Gesetzgeber gewollte Ergebnis sein, dass ein Anleger, der nach Ablauf von 6 Monaten auf Basis des gleichen Verkaufsprospektes eine Zeichnung der Kapitalanlage vornimmt, keinerlei Prospekthaftungsansprüche mehr gegenüber dem Prospektverantwortlichen hat. Die Ausschlussfrist gilt es daher entweder abzuschaffen oder unbedingt auf die tatsächlichenwirtschaftlichen Gegebenheiten anzupassen. Stellungnahme zum Diskussionsentwurf des „Gesetz zur Stärkung des Anlegerschutzes und Verbesserung der Funktionsfähigkeit des Kapitalmarktes“
II. Beraterregister
Unabhängig von einem etwaigen Register für angestellte Berater und gebunden Agenten muss ein dem Versicherungsvermittlerregister gleichwertiges Register bei den IHK für selbständige Vermittler eingeführt werden. Dieses sollte im Sinne des Verbraucherschutzes für die Kunden zugänglich ausgestaltet werden. Wie bereits dargelegt, sollte hier jeder registrierte Vermittler seine persönliche Eignung und Qualifikation nachweisen. Privilegien für Vermittler, die nur für ein Unternehmen tätig werden, sind abzulehnen. Bereits erbrachte Qualifikationsnachweise bei der
Registrierung als Versicherungsvermittler sind anzuerkennen.
III. Offene Immobilienfonds
Offene Immobilienfonds sollten für Privatanleger weiterhin jederzeit handelbar bleiben. Für
institutionellen Anleger könnten die vorgesehenen Halte- und Kündigungsfristen vorgesehen werden. Durch Privatanleger wurden in der Vergangenheit keine Liquiditätsprobleme bei Immobilienfonds ausgelöst. Die vorgesehne Zwangsabwertung um 10 % wird von unserem Verband abgelehnt. Diese führt bereits jetzt zu einer Flucht der Anleger aus der Anlageklasse, die bei Umsetzung des Gesetzes sofort massenhaft einsetzen würde. Von maßgeblicher Bedeutung ist jedoch, dass der eingeschlagene mittelstandsfeindliche Weg bei der Regulierung geschlossener Fonds verlassen wird. Dieser fördert – wie dargestellt – lediglich die bereits als schädlich erkannte Konzentrationsentwicklung bei den Finanzdienstleistungsinstituten.
Mit freundlichen Grüßen
RA Martin Klein
Geschäftsführer
Quelle: Votum Verband